Neben- und hintereinander haben sich die Kinder um die kreisförmige Erhöhung versammelt, die wie eine Bühne in der Mitte der Gemeindebücherei steht. Die meisten sitzen auf einem Stuhl, einige auf dem Boden. Aufmerksam und gespannt lauschen sie den Geschichten, in denen es unter anderem um Koalas, Seeräuber, unzufriedene Prinzessinnen und Monster in Abflüssen geht. Vorgelesen werden sie nicht von Erwachsenen, sondern von Grundschülern, genauer gesagt von Drittklässlern der Königsbacher Johannes-Schoch-Schule. Inzwischen besteht die Kooperation bereits seit zehn Jahren, mit großen Vorteilen für beide Seiten. „Wir sind froh, dass sich das so toll entwickelt hat“, sagt Diplom-Bibliothekarin Inge Pflüger, die die Bücherei mit zahlreichen weiteren engagierten Ehrenamtlichen leitet. Die Idee zu dem Format kam ihnen schon 2013, als die Bücherei an ihren neuen Standort in der Brettener Straße umzog. Nachdem es bereits 2014 zwei Termine mit der Steiner Heynlinschule gegeben hatte, entstand 2015 der Kontakt zur Johannes-Schoch-Schule, genauer gesagt zu Lehrerin Monika Schultz-Löffler, die für die Kooperationen mit Kindergärten zuständig ist und das Projekt bis heute betreut. Von Anfang an war klar, dass es sich an die Dritt- und Viertklässler richten soll: Im ersten Schulhalbjahr lesen die Viertklässler für die Kindergartenkinder, im zweiten Halbjahr die Drittklässler, die dann schon älter und geübter sind.
Am Anfang des Schuljahrs wird vereinbart, wie viele Termine es geben soll. In der Regel sind es zwischen sechs und acht, die immer nachmittags stattfinden. Damit die Schüler beim Lesen ein Publikum vor sich haben, lädt die Bücherei etwa zwei Wochen vorher alle Kindergärten der Gemeinde an. Zusätzlich erhalten die Königsbacher Vorschulkinder von der Schule ein persönliches Anschreiben. War die Resonanz bei den ersten Terminen zum Teil noch etwas verhalten, wurde es im Lauf der Jahre immer voller in den Räumen der Gemeindebücherei. Aktuell kommen regelmäßig um die 25 Kindergartenkinder zu den Lesungen, zudem Geschwister, Erstklässler und andere, die noch nicht selbst lesen können. Für Pflüger ein klarer Beweis dafür, dass sich das Format inzwischen fest etabliert hat. Sie weiß, dass die Dritt- und Viertklässler viel Zeit und Arbeit in die Vorbereitung der Lesungen investieren. Nicht nur im Unterricht wird fleißig dafür geübt, sondern auch zu Hause. Die Bücher dürfen sie sich selbst aussuchen, allerdings mit der Vorgabe, dass es nicht länger als fünf Minuten dauern darf, sie vorzulesen. Die Generalprobe absolvieren die Schüler vor ihren Klassenkameraden, die ihnen eine ehrliche Rückmeldung geben. Von Engagement und der Motivation ihrer Schüler ist Schultz-Löffler begeistert. Die Lehrerin berichtet, dass die Kinder es kaum erwarten können, an der Aktion teilzunehmen. „Hinterher erzählen sie immer ganz stolz davon.“ Damit jeder mindestens einmal drankommt, führt Schultz-Löffler eine Liste.
Auch, wenn sich die Schüler laut Rektorin Manuela Frank immer riesig auf die Lesungen freuen, sind viele „morgens schon aufgeregt“. Doch das legt sich in der Regel, wenn die ersten paar Sätze fehlerfrei geklappt haben. Auf was es bei Aussprache, Tempo und Betonung ankommt, haben die Schüler vorher intensiv geübt. Dabei stellen sie laut Frank von ganz allein fest, dass es einen großen Unterschied macht, ob man ein Buch lautlos für sich oder laut vor Publikum liest. Mit der Aktion wollen Schule und Bücherei die Kinder nicht nur zum Lesen motivieren, sondern auch in ihrer Entwicklung stärken: Vor anderen vorzulesen, soll ihr Selbstbewusstsein stärken und Erfolgserlebnisse schaffen. Fast alle haben einen Ausweis der Gemeindebücherei, weil sie diese in der zweiten Klasse besucht haben. Der Großteil der Leser dort ist laut Pflüger aktuell jünger als 13. Die Diplom-Bibliothekarin freut sich, dass zur Jubiläums-Lesung rund 80 Kinder und 40 Eltern gekommen sind. Während drinnen aufmerksam den Geschichten gelauscht wird, gibt es draußen Bewirtung und einen Bücherflohmarkt, beides zugunsten der Klassenkassen. – Nico Roller
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